Lohberg / Bayerischer Wald

Wanderfahrt nach Lohberg, Bayrischer Wald vom 08.09. bis zum 15.09. 2013

2013_09_Lohberg_titelbildWir sind die Neuen auf dieser Wandergruppenfahrt. Und wir beide wollen es noch einmal wissen, ob wir uns dabei die Hörner ablaufen oder sogar ablaufen müssen. Es ist die Herausforderung für uns.

Wir sammeln uns am ZOB/ Berliner Funkturm, alle waren überpünktlich, so dass mit dem Bus, in alt-weiß und sehr sauber, die Fahrt gen Süden angetreten werden konnte. Hansi war unser Driver, in ruhiger zügiger Fahrt und mit den für den Fahrer notwendigen Pausen und mit umsichtiger Getränkeversorgung der Mitreisenden kamen wir dem Ziel Lohberg, mitten im Herzen des Bayrischen Waldes, immer näher. Apropos Getränke, das erste ging glatt auf die Reisekasse der Organisatoren: Selters, Apfelschorle, Bier und Piccolosekt. Die Stimmung im Bus wurde gelöster, nur der Holzmichel wurde nicht geschmettert. Nach siebenstündiger Fahrt haben wir das Ziel erreicht und wurden von Paula, der Jungchefin im feschen Dirndl im Bus willkommen geheißen. Auch die Zimmerverteilung verlief ohne Murren, die Altchefin hat noch die Schlüsselgewalt.

Das Hotel Arberblick lag in einem ruhigen landschaftlich ansprechenden Ortsteil, auch eine Bierbrauerei in Sichtweite. Nach kurzer Ruhepause war der Ortsgang durch Lohberg angesagt. Der Ort selbst, geteilt durch eine verkehrsreiche Straße, liegt in einem hügeligen Umfeld unweit des Arbers, dem höchsten Berg im Bayern Wald, wie die Einheimischen sagen. Es war auch ein erster kleiner Vorgeschmack, was uns hier hinsichtlich der Wanderungen erwartet. Mit etlichen Schnappschüssen war der Ort in der Kamera verstaut, vorbei an der Glasbläserei und an der kleinen Osser-Brauerei, fester wesentlicher Bestandteil im Ort. Und die benachbarte Kirche sorgt für das Seelenheil. Eine Kirchenbesichtigung durfte nicht fehlen, zumal hier, so die Aussage des Busfahrers, die Gesangbücher Henkel haben.
Dem war aber nicht so; die Frömmigkeit dieses Hauses hat ihre Strahlkraft behalten. Zurück zum Hotel, hier wartet schon das Abendessen. Die Altchefin spendierte einen Stamper Doppelkorn zur Begrüßung – so könnte es doch jeden Abend weitergehen -, eine Aufmunterung für den nächsten Tag. Morgen steht nun als erster Aufstieg der Postbotensteig auf dem Programm. In der Gruppe unter Postlern wurde der Wunsch laut, die Zustelltasche doch gleich mitzunehmen, eine frühe Zustellung wäre gesichert. In der letzten Woche war`s schön hier, so unsere Wirtin. Doch heute hängen tiefe Wolken um den Arber, sie haben sich gerade vor Stunden entladen, alles glatt und rutschig, und doch wird der Postbotensteig in Angriff genommen. Was der, der Zusteller, schafft, schaffen wir allemal. Doch bereits nach einigen hundert Metern –rauf und runter- wissen wir, dass der sein Sohlengeld nicht umsonst bekommt. Eine kurze Rast im Brotzeitstübl in Ebensäge lässt die Strapazen vergessen und den vor uns liegenden Rückweg leichter ertragen. Natürlich gab es noch ein Schnäpschen – von einem edlen Spender- am Kriegerdenkmal, um das Ziel Arberblick nicht aus dem Auge zu verlieren. Glücklich aber erschöpft erreichen wir am frühen Nachmittag unser Hotel. Nun war Zeit zum Relaxen. Doch am nächsten Tag ist Entspannung pur angesagt.

Die Bergstiefel bleiben heute im Versteck und mit dem Bus geht es nach Passau, durch Teile des Bayrischen Wald, an Deggendorf vorbei auf die Autobahn zur Ausfahrt Passau Nord, und dort zur Schiffsanlegestelle donauseits in der Innenstadt. Ein netter kundiger Stadtführer empfängt uns und schon geht’s los, wieder rauf und runter, durch die Höllgasse, dem Künstlerviertel, zum Rathaus mit den Kolossalgemälden zum Nibelungenlied und zur Passauer Stadtgeschichte. Natürlich erfahren wir auch viel über verheerende Hochwasser an Donau, Inn und Ilz. Passau, die drei Flüssestadt, und das Hochwasser bilden eine Symbiose. Weiter geht es nun zum Dom. Neunundzwanzig (wandernde) Orgelpfeifen stehen nun in der Mitte des Domes vor der größten Domorgel der Welt mit ihren 17.974 Orgelpfeifen. Natürlich erstarren alle vor dem gewaltigen Barock des Passauer Stephans-Dom. Vollgestopft mit so viel Wissen über die Stadt und den Dom eilen wir nun zur Flussschifffahrt mit der MS Kristall, made by swarovski cristal.
Auf der Flussschifffahrt lassen wir das Wissen über die Stadt erst einmal sinken, genießen die Fahrt, das gute Essen und die frische Brise des Fahrtwindes. Noch ein knappes Stündchen zum Shoppen und Verweilen in der Stadt, dann geht es zurück auf der B 85 durch den Bayern Wald. Unser Fahrer Anton lässt manches Wissenswerte und auch viele Anekdötchen über Land und Leute und über seinen Wald auf uns Preußen niederprasseln. Neun Monate Winter, und drei Monate kalt, so ist das Wetter im Bayrischen Wald. Nein, nein, in diesem Jahr waren im Sommer auch Temperaturen von 30 Grad. So relativiert sich alles. Nun freuen sich schon alle auf heute Abend, es wird am Salat-Buffet zugegriffen. Wir werden im Arberblick verwöhnt von der Sterneköchin Paula, ihre Speisen sind hervorragend und abwechslungsreich, so der Vermerk einer Gruppe aus Mühlheim an der Ruhr; dem ist nichts hinzu zu fügen. Wem es nicht schmeckt, dem ist nicht zu helfen.

Heut soll nun die Bezwingung vom Großen Osser, 1292 m hoch, in Angriff genommen werden. Unsere Wirtin: Ach, das ist ja unser Hausberg. Da wussten wir noch nicht, was vor uns lag und auf was wir uns eingelassen haben. Ab Lohberg-Parkplatz führt der Osserpfad direkt zum Gipfel. Die ersten Kilometer waren ganz vernünftig, aber die letzten 300 Höhenmeter hatten es dafür in sich. In einer Art Flussbett mit riesigen Gesteinsmassen musste der Gipfel fast senkrecht genommen werden. Ein Stöhnen und Fauchen war unter den Teilnehmern zu vernehmen. Auf einer Waldlichtung schlugen uns Wolkenfetzen, Windböen und Regen entgegen. War das schon die Hölle, oder wird es noch eine Steigerung geben? Die Temperaturen waren auch weit unter 10 Grad gefallen. Man konnte die Osser-Schutzhütte schon von dieser Lichtung sehen. Noch 20 Minuten für den Aufstieg. Die letzten Meter im Kriechgang, jetzt bloß nicht noch abrutschen, dann liegt man in Tschechin. Die warme Hütte und das geistige Getränk vor Augen, nein, wir wollen darein. Jetzt die Hüttentür schnell aufreißen, und alles war geschafft. Die ausgelassene Stimmung kehrte bald zurück. Die Anstrengungen waren vergessen. Noch dampften die Leiber von der Anstrengung des Aufstiegs, an den Abstieg dachte keiner, es ging zurück wieder durch das ausgespülte Flussbett. Der Hüttenwirt sorgte für das leibliche warme Wohl. Doch der beschwerliche Abstieg wartete noch auf uns. Also wieder runter von Stein zu Stein, Wurzel zu Wurzel. Gott sei Dank, alles ohne Blessuren. Auf einen als Wandersteg gekennzeichneten Biosphärenweg ging es nach Lohberg zurück. Eine Rundtour war mit knapp sechs Stunden geschafft. Ein Ausstrecken auf dem Bett war jetzt erforderlich.

Auf dem Programm steht heute nun der Schwarzecker Rundweg. Doch Petrus öffnet seine Schleusen und hatte kein Einsehen mit uns armen Wanderern. Obwohl schon eine Verkürzung der Tour durch Zuhilfenahme des öffentlichen Busverkehrs vorgenommen wurde, artete der Aufstieg zum Schwarzeck-Gipfel zur Extremwanderung aus. Ein Aufstieg von 700 m und der daran anschließende Abstieg waren schon eine Herausforderung. Der auf dem Weg nach oben noch vorhandene Windbruch aus Bäumen und Ästen behinderte den schon beschwerlichen Wanderweg. Und dazu peitschte Petrus mit seinen Regengüssen auf uns ein. Da blieb nichts mehr trocken. Doppelter Ochser und Wassergraben, Hindernisse im Reitsport, waren da noch vergleichsweise als harmlos zu bezeichnende Hindernisse. Das Gipfelkreuz Schwarzeck (1238 m) wurde aufgrund der Wetterunbilden, obwohl vielleicht nur noch 20 Höhenmeter fehlten, nicht erreicht. Petrus war mit seinen Güssen hier unerbittlich. Die Osser-Tour war damit nicht die Hölle. Nach 6 Stunden unheimlicher Strapazen waren wir erschöpft und durchnässt wieder im Hotel. Große Wäsche für alles war angesagt.

Petrus hatte wieder kein Einsehen mit uns Wanderern. Diesmal soll die Tour über den kleinen Arbersee, den Kleinen Arber und weiter zum Großen Arber führen. Zunächst fahren wir mit dem Bus. Die Gruppe knurrt über das Wetter. Es regnet wieder intensiver und so geben einige Kund, gleich mit der Gondel zum Großen Arber aufzufahren. Man könnte sich dort treffen. Doch der größte Teil der mutigen Wanderer besteht auf die geplante Tour. Und so wird unterschiedlich gestartet. Von der Naturschönheit des Kleinen Arbersees beeindruckt und mit nachlassendem Regen wird nun der Aufstieg zum Großen Arber in Angriff genommen. Und der gelingt auch, 1454 m sind geschafft. In der Arberschutzhütte wird mit den Abtrünnigen ein Wiedersehen gefeiert. Und in der gewohnten Harmonie wird der Abstieg vom Arber begonnen. Und dieser Teil der Tour wird noch vom Sonnenschein begleitet. Glückshormone steigen bei diesem sich verändernden Wetterbild auf. Unten an der Talstation sind alle wieder vereint. Auch die Gondelfahrer – aus welchen Gründen auch immer- werden in den gemeinsamen Bus integriert. Noch ein kurzer Anstieg zum Hotel und 13 km Wanderweg sind wieder geschafft. Ein erfolgreicher Wandertag kann abgeschlossen werden, wenn nicht noch da der Bayrische Abend wäre. Die angekündigte 2-Mann-Musik war schließlich ein Alleinunterhalter. Mit einschmeichelnder Musik und Schnaps für die ersten holte der Entertainer die tanzwütigen Paare auf´s Parkett. Für die notwendige Stimmung sorgten Rotlicht und die glitzernde Partykugel über der Tanzfläche. Große Harmonie, die aber pünktlich um 23 Uhr endete, weil die schon Schlafsuchenden auch zu ihrer Ruhe kommen sollten.

Heute wird nun die letzte Wanderetappe aufgerufen. Zunächst geht es mit dem Bus nach Scheiben auf rd. 1000 m und von dort erfolgt der Aufstieg auf dem Zwerchecker Steig zum Gipfel ( 1280 m ). Petrus hat heute ein Einsehen mit uns Wanderern. Der Himmel ist wolkenverhangen, aber es regnet nicht. Der Schirm kann im Rucksack bleiben. Und wieder geht es Schritt für Schritt, über Steine, glitschige Wurzeln, Moos und Farn nach oben. Wenn nur nicht dieser zermürbende Passgang wäre. Anstrengend, kurze Verschnaufpausen und immer wieder weiter und weiter, immer nach Halt suchend, um nicht abzurutschen und zu fallen. Wer träumt jetzt nicht von einem Treppenlift. Wir sind doch Senioren und hätten Anspruch darauf. Kurz vor dem Gipfel bricht die Sonne hervor und gibt den Blick auf den Arber frei. Der Gipfel Zwercheck wird erstürmt, so viele drängt es nach oben, kaum noch Platz auf der kleinen Plattform. Alles wird im Bild festgehalten. Ringsum nur freudige Gesichter, aber der Abstieg zieht sich und zieht sich. Auch die Mittagspause wird mangels Einkehrmöglichkeit nur im Stehen abgehalten. Erst am Kriegerdenkmal kann sich der müde Wanderer niederlassen. Hier stehen einige Bänke. Doch lange Zeit lässt uns der Rainer nicht. Aufbruch zum letzten Teilstück, auch Eike nickt. Sie muss immer nicken, sonst läuft nichts in dieser Truppe. Noch ein kurzes Überschreiten einer kleinen Brücke, knapper steiler Anstieg im gehassten Passgang, und eine Asphaltstraße in Lohberg ist erreicht. Am Rathaus vorbei, auch die Osser-Brauerei lassen wir rechts liegen, das Hotel Arberblick wird sichtbar. Und nun schnell nach oben, die Wanderklamotten aus und sich sinken lassen. Mein engster Mitwanderer sagte mir noch im Vorbeigehen, die Klamotten vergrabe ich jetzt hinterm Haus.

Geschafft, das fünftägige Wanderprogramm ist abgehakt. Entspannung ist nun angesagt. Morgen ist nun die Abreise nach Berlin. Eine erlebnisreiche Woche liegt hinter uns.

Der Tag der Abreise ist nun gekommen. Ein wenig Hektik ist bei den Wanderfreunden aufgekommen. Ist alles verstaut, nichts vergessen, habe ich alles für den Start nach Berlin. Pünktlich ist der Bus aus Bodenmais gekommen. Unser Fahrer Hans ist derselbe Driver wie auf der Herfahrt. Alle rein in den Bus und überpünktlich legt der Bus vom Hotel ab. Von den Wirtsleuten werden wir noch mit schwenkenden weißen Servietten verabschiedet. Wehmut kommt auf, und ab geht die Fahrt vom Regen begleitet bis ins Frankenland. Zügig verläuft alles bis Berlin. Nach sieben Stunden sind wir am ZOB. Alle strömen schnell auseinander, zum Auto, zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und zu den wartenden Angehörigen und Freunden. Nun ist die Reise endgültig beendet.

Doch noch eine Aussage ist offen. Haben wir beide uns in den vergangenen Tagen nun wirklich die Hörner abgelaufen. Die Antwort muss bejaht werden, nicht nur die Hörner sind abgelaufen, sogar die Hornhaut an den Fußsohlen ist dünn geworden.

Verfasser: Hans-Dieter W., Mitreisender